(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Februar 2015 – 7 AZR 113/13)
Die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers kann einen sachlichen Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG darstellen. Dies ist nur auf den ersten Blick ein „alter Hut“. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus Februar 2015 gibt einen Überblick über bekannte, aber auch eine neue und in der Praxis bislang wenig beachtete Erscheinungsform der Befristung zum Zwecke der Vertretung.
Die Arbeitsvertragsparteien stritten über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede. Die Klägerin war bei der Beklagten aufgrund eines befristeten Vertrages beschäftigt, der als Sachgrund die Vertretung einer namentlich bezeichneten erkrankten Arbeitnehmerin vorsah. Mit der Begründung, sie habe weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Vertretung ausgeübt, erhob die Klägerin nach dem Ende der Befristung eine Befristungskontrollklage. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt.
Im Revisionsverfahren gab das Bundesarbeitsgericht der beklagten Arbeitgeberin Recht. Es hob das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurück.
Der Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG erfordere eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Daneben sei für diesen Befristungsgrund ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich (Kausalzusammenhang). Die Vertretungskraft muss gerade wegen des Ausfalls der Stammkraft eingestellt werden. Die Anforderungen an die Darlegung eines solchen Zusammenhangs variieren je nach Form der Vertretung.
Bei einer unmittelbaren Vertretung sei der Kausalzusammenhang dann gegeben, wenn die Vertretungskraft die Aufgaben des Vertretenen unmittelbar erledige.
Bei einer mittelbaren Vertretung beauftragt der Arbeitgeber einen dritten Mitarbeiter mit den Aufgaben der zu vertretenen Stammarbeitskraft. Die befristet eingestellte Vertretungskraft übernimmt wiederum die Aufgaben des Dritten. In solchen Fällen müsse der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und der Vertretungskraft darlegen.
Ein Kausalzusammenhang könne aber auch dann bestehen, wenn die Vertretungskraft Aufgaben übernimmt, die der ausgefallene Mitarbeiter nie ausgeübt hat. Dies erfordere, dass der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, dem ausgefallenen Mitarbeiter im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Für die Darlegung des Kausalzusammenhangs müsse der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Mitarbeiter/n nach außen erkennbar gedanklich zuordnen. Dies könne durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen.
Das Bundesarbeitsgericht führt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Sachgrundbefristung in Vertretungsfällen fort und erweitert diese um eine für die Praxis interessante Fallgestaltung. Eine Vertretung kommt damit nicht nur bei einer – altbekannten – unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung in Betracht, sondern auch im Falle der sogenannten gedanklichen Zuordnung. Letztere bietet Gestaltungspotential für Arbeitgeber, stellt allerdings auch hohe Anforderungen an die Dokumentation und Personalplanung. Je weiter die geschuldete Leistung im Arbeitsvertrag des ausgefallenen Mitarbeiters definiert ist, desto flexibler ist der Arbeitgeber bei dem Einsatz des Vertreters.
Für die gedankliche Zuordnung ist erforderlich, dass der Vertreter Aufgaben ausübt, die der Arbeitgeber dem Vertretenen im Wege des Direktionsrechts hätte zuweisen können. Erforderlich ist neben der rechtlichen Zuweisungsmöglichkeit, dass der Vertretene tatsächlich in der Lage wäre, diese Aufgaben zu erledigen, ohne zunächst fortgebildet werden zu müssen. Auf die Frage, ob und wie die bisherigen Aufgaben des vorübergehend abwesenden Arbeitnehmers wahrgenommen werden, kommt es bei der gedanklichen Zuordnung hingegen nicht an.
Die gedankliche Zuordnung muss sich in erkennbarer Weise nach außen manifestieren. Die Vertretung muss daher im Arbeitsvertrag bzw. in der Befristungsabrede dokumentiert werden. Ein interner Vermerk genügt nicht.
Arbeitgeberseitig erfordert eine solche Befristung zudem eine gewisse Überwachung und Disziplin. Die gedankliche Zuordnung hindert den Arbeitgeber daran, den befristet angestellten Mitarbeiter mit Aufgaben zu betrauen, welche der Vertretene bislang nicht verrichtete und der Arbeitgeber ihm nicht kraft des arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes hätte zuweisen können.
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