Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) hat am 20.10.2023 den Deutschen Bundesrat erfolgreich passiert. Nach der noch ausstehenden Ausfertigung durch den Bundespräsidenten, tritt das EnEfG am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Es sieht für alle deutschen Unternehmen, aber speziell für Rechenzentren, eine Reihe von zusätzlichen Energieeffizienzpflichten vor.
Rechenzentren müssen ein Energie- und Umweltmanagementsystem einführen (andere Unternehmen müssen dies ab einem jährlichen Gesamtenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Jahre von mehr als 7,5 Gigawattstunden tun). Für Rechenzentren ab 1 Megawatt nicht redundanter Nennanschlussleistung (bei in öffentlicher Hand betriebenen Rechenzentren gilt eine Schwelle von 300 Kilowatt) ist das Energie- oder Umweltmanagementsystem ab 2026 zu validieren und zu zertifizieren. Die Umsetzungspläne für als wirtschaftlich identifizierte Endenergie-Einsparmaßnahmen sind zu veröffentlichen.
Kernpunkt der Regeln für Rechenzentren sind Vorgaben zur Reduzierung und Wiederverwendung von Abwärme bzw. Andienungspflichten gegenüber Wärmeversorgern. Die Andienungspflichten reihen sich in die von der Bundesregierung angestrebten Pflichten der Länder und Kommunen zur Erstellung von kommunalen Wärmeplänen ein.
Für Rechenzentren wird ein verpflichtender Energieverbrauchseffektivitätsfaktor bzw. Power Usage Effectiveness (PUE) eingeführt, bei dem zwischen Rechenzentren, die vor und nach dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen beziehungsweise aufgenommen haben, unterschieden wird. Rechenzentren mit Betriebsaufnahme vor 1. Juli 2026 müssen ab Juli 2027 eine PUE von 1,5 einhalten; ab Juli 2030 dann einen PUE von 1,3. Für neuere Rechenzentren gilt ein PUE von 1,2.
Rechenzentren müssen außerdem schon zeitnah einen wesentlichen Anteil von Strom aus erneuerbaren, nicht geförderten Energien beziehen: ab 2024 einen Anteil von 50 % und ab 2027 einen Anteil von 100 %.
Am 21. September 2023 hat der Deutsche Bundestag den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Artikelgesetzes zur Steigerung von Energieeffizienz („Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes“) beschlossen, nachdem die für den 7. Juli 2023 anberaumte Abstimmung mangels Beschlussfähigkeit des Parlaments nicht stattfinden konnte.
Generell dient das EnEfG der Umsetzung der neu gefassten EU-Energieeffizienzrichtlinie (Energy Efficiency Directive) und soll einen verbindlichen Rahmen und konkrete Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz abstecken. Damit stehen die Klimaziele der EU und Deutschlands im Blick, für deren Erreichung der Gesamtenergieverbrauch Deutschlands sinken muss. Bisherige Förderprogramme hätten laut Kabinettentwurf nicht den gewünschten Effekt gehabt, weil sie in der Regel dazu führten, „dass nur solche Maßnahmen umgesetzt werden, die kurz- und mittelfristig wirtschaftlich sind“(welche auch sonst?). Nach Angaben der Bundesregierung verbrauchten Rechenzentren im Jahr 2020 ungefähr 16 Milliarden Kilowattstunden und damit rund 3 % des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Anders als andere Industrien weisen Rechenzentren hinsichtlich des Stromverbrauchs eine deutliche Steigerungsrate von ca. 6 % pro Jahr aus. Dem soll das EnEfG entgegenwirken und sieht namentlich für Rechenzentren besondere Regelungen vor.
Am ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung hat der zuständige Ausschuss für Klimaschutz und Energie noch einige Änderungen vorgenommen. Damit entfielen etwa konkrete Vorgaben für Luftkühlungssysteme in Rechenzentren, während andere Vorgaben, etwa zu PUE-Werten, noch verschärft wurden.
Der Deutsche Bundestag beschloss am 21. September 2023 den Ausschussentwurf ohne Änderungen. Am 20. Oktober 2023 folgte die Billigung durch den Deutschen Bundesrat. Die nächsten Schritte sind die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und die Verkündung im Bundesgesetzblatt.
Zur Schaffung von Transparenz werden Betreiber von Rechenzentren – unabhängig von ihrem Energieverbrauch – dazu verpflichtet, bis zum 1. Juli 2025 ein Energiemanagementsystem gemäß DIN EN ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EU-Vorgaben einzuführen. Mit diesen Systemen sollen sie kontinuierlich Leistung und Energiebedarf messen und Maßnahmen ergreifen, um die Energieeffizienz laufend zu verbessern (§ 12 EnEfG). Für Rechenzentrumsbetreiber gelten gegenüber anderen Unternehmen teils besondere Monitoring-Pflichten.
Während größere Rechenzentren mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 1 Megawatt ihr Energie- oder Umweltmanagementsystem ab 1. Januar 2026 sogar validieren oder zertifizieren lassen müssen, sind weniger energieintensive Rechenzentren mit hohen Quoten wiederverwendeter Energie von der Einführung solcher Systeme befreit. Dies gilt auch für Rechenzentren, die noch vor 1. Juli 2027 außer Betrieb gehen.
Damit die Systeme kein Selbstzweck bleiben, müssen Rechenzentren mit einem durchschnittlichen Jahresenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden Umsetzungspläne veröffentlichen (§ 9 EnEfG). Darin sind alle wirtschaftlichen Energieeinsparmaßnahmen aufzuführen, die durch das Energie- oder Umweltmanagementsystem oder durch einen Energieaudit identifiziert wurden. Dabei gilt, dass vorhandene Energieeffizienzpotenziale auch realisiert werden müssen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der erstellten Umsetzungspläne müssen von einem Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditor bestätigt werden; die Bestätigung umfasst also auch, dass nicht aufgeführte Einsparmaßnahmen nicht wirtschaftlich wären.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass deutsche Rechenzentren aktuell eine Energieverbrauchseffektivität bzw. Power Usage Effectiveness (PUE) von circa 1,7 haben. Das EnEfG sieht nun verpflichtende PUE-Werte für bestehende und neue Rechenzentren vor, die den aktuellen PUE-Durchschnitt unterschreiten. Kurz gesagt: alle (durchschnittlichen) Rechenzentren müssen ihre PUE verbessern.
Für Rechenzentren, die vor dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen oder aufgenommen haben, gilt ab dem 1. Juli 2027 ein PUE-Grenzwert von maximal 1,5 und ab dem 1. Juli 2030 von maximal 1,3. Dabei wird jeweils der Jahresdurchschnitt betrachtet. Rechenzentren mit Betriebsaufnahme ab dem 1. Juli 2026 müssen gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EnEfG einen PUE-Wert von kleiner oder gleich 1,2 erreichen. Die Anforderungen sind spätestens nach einer Optimierungsphase von zwei Jahren nach Inbetriebnahme einzuhalten.
Der Wert der PUE wird jeweils nach DIN EN 50600-4-2 ermittelt.
Die Abwärme, die durch Rechenzentren angesichts der PUE-Werte bisher entsteht, soll nach Konzeption des EnEfG künftig vermieden oder besser genutzt werden, insbesondere durch Einspeisung in Wärmenetze. Deshalb werden Unternehmen allgemein und Rechenzentren im Besonderen verpflichtet, entstehende Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder durch Abwärmenutzung zu reduzieren (§§ 16 und 11 EnEfG).
Konkret bedeutet das: Rechenzentren mit einer Leistung ab 1 MW, die ab dem 1. Juli 2026 in Betrieb gehen, müssen einen Anteil an wiederverwendeter Energie bzw. Energy Reuse Factor (ERF) von mindestens 10 % aufweisen. Dieser Wert steigt sukzessive auf 15 % bei Betriebsaufnahme ab dem 1. Juli 2027 und auf 20 % ab dem 1. Juli 2028. Wie bei der PUE sind diese Anforderungen spätestens nach einer zweijährigen Optimierungsphase ab Inbetriebnahme zu erreichen.
Die Einhaltung konkreter Grenzwerte ist jedoch insbesondere dann nicht nötig, wenn ein Rechenzentrumsbetreiber eine Vereinbarung zur Abwärmenutzung mit einem Wärmenetzbetreiber in der Umgebung schließt, mit der die Abwärmenutzung über das Wärmenetz – jedenfalls nach einem Netzaufbau – innerhalb von zehn Jahren möglich wird. Auf Umwegen ergibt sich damit eine Obliegenheit für Rechenzentren, Wärmeversorgern die Nutzung ihrer Abwärme zumindest anzubieten.
Das dürfte auch deshalb interessant werden, weil die Pflicht zur Vermeidung und Nutzung von Abwärme gerade bei Rechenzentren ausweislich bisheriger Entwürfe nicht auf zumutbare Maßnahmen beschränkt ist, also auch unwirtschaftliche Maßnahmen ergriffen werden müssten.
Weitreichende Pflichten ergeben sich für Rechenzentren auch bezüglich der Beschaffung von Strom aus erneuerbaren Energien. Ab dem 1. Januar 2024 muss der Stromverbrauch deutscher Rechenzentren bilanziell zu 50 % aus ungefördertem Strom aus erneuerbaren Energien gedeckt sein. Ab 2027 sind sogar 100 % Pflicht.
Die verwendete elektrische Energie darf demnach nicht aus vorhandenen, bereits durch das EEG geförderten Strommengen stammen. Weil dies den bilanziellen, nicht den physisch verbrauchten Strom meint, reicht der Erwerb entsprechender Zertifikate aus. Damit ist abzusehen, dass sich Betreiber von Rechenzentren zu wesentlichen Marktteilnehmern im gewerblichen Green Power Purchase Markt entwickeln werden.
Hinzu kommen jährliche Berichtspflichten nach § 13 EnEfG, die einerseits der genaueren Planung zukünftiger Strom- und Leistungsbedarfe dienen, andererseits aber auch eine Vergleichsmöglichkeit der Energieeffizienz und Klimaneutralität für potentielle Kunden von Rechenzentren schafft.
Erstmals berichten müssen Rechenzentren mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung zwischen 200 Kilowatt und 500 Kilowatt spätestens bis 1. Juli 2025, bei höheren Anschlussleistungen bereits bis 15. Mai 2024.
Die Informationspflichten sind sehr umfangreich und umfassen unter anderem:
Wichtig ist, dass die erfassten Daten in eine Europäische Datenbank über Rechenzentren übertragen werden, wo diese zumindest in aggregierter Form für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Damit ergibt sich für Kunden eine Prüfungs- und Vergleichsmöglichkeit und ein indirekter Wettbewerbsanreiz für Betreiber effizienter Rechenzentren.
Eine Prüfungs- und Vergleichsmöglichkeit für Kunden wird vor allem dadurch geschaffen, dass Rechenzentren ab 1. Januar 2024 ihre Kunden über den auf sie entfallenden Jahresenergieverbrauch transparent informieren müssen (§ 15 EnEfG). Da aggregierte Vergleichsinformationen europäisch verfügbar sind, können umweltbewusste Kunden bei schlechten Effizienzwerten schlicht das Rechenzentrum wechseln.
Um die Einhaltung dieser Vorgabe durchzusetzen, sieht das EnEfG zahlreiche Ordnungswidrigkeiten vor, die mit nicht unerheblichen Bußgeldern geahndet werden (§ 19 EnEfG). Als maximale Bußgelder sind je nach Verstoß € 50.000 oder € 100.000 vorgesehen. Das ist auch deshalb wichtig, weil schon fahrlässige Verstöße ein Bußgeld begründen.
Ordnungswidrigkeiten sind unter anderem für folgende Fälle vorgesehen:
Mit der Umsetzung des Gesetzes und damit auch für etwaige Überprüfungen wird als Bundesstelle für Energieeffizienz das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) betraut.
Das neue EnEfG beschränkt sich nicht auf Überwachungs- und Meldepflichten, sondern sieht gerade für Rechenzentren ambitionierte Effizienzregeln vor, die nicht nur Entwickler neuer Rechenzentren betreffen. Auch bestehende Rechenzentren dürften bei den vorgeschriebenen PUE-Werten Nachholbedarf haben, während die Abwärmenutzung erstmals in den (rechtlichen) Fokus gerät. Als Grundlage hierfür werden standardisierte Energie- und Umweltmanagementsysteme Pflicht. Die Steigerung der Energieeffizienz ist nicht reiner – bußgeldbewehrter – Selbstzweck, sondern wird durch Kundeninformationen und europäische Vergleichsdatenbanken zunehmend Gegenstand des Wettbewerbs um die Nachhaltigkeit von Rechenzentren.
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