Paradigmenwechsel im UWG und die neue PAngV
Mit Wirkung zum 28. Mai 2022 treten die neuen Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft, über die maßgeblich die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2161 (sog. Omnibus-Richtlinie) umgesetzt werden. An der bisherigen Struktur des UWG werden keine Änderungen vorgenommen, es kommen jedoch neue Bestimmungen hinzu, die primär Sachverhalte im Zusammenhang mit der Digitalisierung erfassen. Verbraucher werden einen eigenen Schadensersatzanspruch auf Grundlage des UWG erhalten. Eine der wichtigsten Neuerungen dürfte die Einführung eines Bußgeldkatalogs durch den neugeschaffenen § 19 UWG n.F. darstellen. Im Gegensatz zur bisher stets angestrebten Selbstregulierung des Marktes ist dies ein wirklicher Paradigmenwechsel des deutschen Lauterkeitsrechts.
Mit der Ergänzung des § 1 UWG durch einen neuen Absatz 2 wird für das UWG der Anwendungsbereich näher bestimmt. Speziellere Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen sollen den Regelungen des UWG vorgehen. Damit wird Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG, der bisher noch keinen Einzug in das UWG gefunden hatte, in nationales deutsches Recht umgesetzt. Als Regelungen besonderer Aspekte unlauterer Handlungen werden beispielsweise der Medienstaatsvertrag und das Telemediengesetz angesehen, die im Einklang mit dem Unionsrecht spezielle medienrechtliche Wertungen für die Kennzeichnung von Werbung enthalten, z.B. in § 6 TMG. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten Diskussionen über die neueren Formen der Kommunikation und des Marketings im Internet, wie zum Beispiel bei Influencer-Marketing, soll hierdurch nunmehr eine ausdrückliche Klarstellung des Vorrangs von Vorschriften erfolgen, die besondere Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen in diesem Bereich regeln.
In Zukunft ist das UWG daher auf Regelungen zu besonderen Aspekten unlauterer Handlungen nur in Bezug auf diejenigen Aspekte anwendbar, die in den besonderen Regelungen nicht adressiert werden. Der Vorrang dieser Vorschriften reicht dabei allerdings auch nur so weit, wie der betroffene Aspekt in der spezielleren Vorschrift abschließend geregelt wird.
Die Kommission hat seit langem darum gerungen, wie mit der Erscheinung der sog. „Doppelqualität von Waren („Dual Quality“) umzugehen sei. Unter Dual Quality wird die Praxis mancher Unternehmen verstanden, die Zusammensetzung ihrer Produkte – insbesondere Lebensmittel sind hier zu nennen – einzelnen Absatzmärkten anzupassen, die Produkte jedoch in den Mitgliedsstaaten unter identischer Marke und Verpackung zu bewerben und zu vertreiben. Die Gründe für die Anpassung der Produkte können mannigfaltig sein. In den meisten Fällen wird dabei auf den vermeintlich unterschiedlichen Geschmack der Verbraucher, auf die Ernährungsgewohnheiten der Bewohner oder auch auf die Haltbarkeit der Produkte hinsichtlich des im Mitgliedsstaat vorherrschenden Klimas verwiesen.
Durch den neuen § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F. wird Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie (EU) 2019/2161 umgesetzt, der die Regelungen zur Dual Quality enthält. Danach ist es irreführend, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
Für Verbraucher soll es dadurch leichter zu erkennen sein, wenn Gewerbetreibende berechtigt sind, aufgrund legitimer und objektiver Faktoren wie nationalem Recht, Verfügbarkeit oder Saisonabhängigkeit von Rohstoffen etc. Waren derselben Marke an unterschiedliche geografische Märkte anzupassen und diese anbieten. Es ist wichtig, dass Verbraucher über die Unterschiede zwischen den Waren aufgrund legitimer und objektiver Faktoren unterrichtet werden. Insoweit dürfen zwar Waren auch in Zukunft unter derselben Marken, aber beispielsweise mit abweichenden Rezepturen oder Zutaten in verschiedenen Mitgliedsstaaten in Verkehr gebracht werden. Sie dürfen jedoch nicht mehr als identisch vermarktet werden. Auch wenn eine entsprechende Unterscheidung der Produkte vornehmlich bei Lebensmitteln erfolgt, enthält § 5 Abs. 3 UWG n.F. keine Beschränkung auf Lebensmittel, sondern sämtliche Waren und Dienstleistung, bei denen entsprechend verfahren werden kann.
Durch den neugeschaffenen § 5b UWG n.F. werden neue und überaus praxisrelevante Informationspflichten für Unternehmer in das UWG eingeführt, durch die der Begriff „wesentliche Informationen“ aus § 5a UWG n.F. konkretisiert wird. Besonders relevant sind diese Bestimmungen für Online-Marktplätze (in § 2 Nr. 6 UWG n.F. legaldefiniert) gem. § 5b Abs. 1 Nr. 6 UWG n.F. zu legen. Bei Online-Marktplätzen handelt es sich zudem nicht nur um Webportale wie eBay, sondern auch einzelne Webshops auf eigenständigen Webseiten. Da Verbrauchern über Online-Marktplätze Waren und/oder Dienstleistungen angeboten werden, bei denen jedoch nicht immer ersichtlich ist, ob es sich bei deren Anbieter um einen Unternehmer handelt oder nicht, wird den Betreibern dieser Online-Marktplätze künftig auferlegt, darüber zu informieren, ob es sich nach der eigenen Erklärung des Anbieters um einen Unternehmer handelt. Dadurch ist künftig jeder Unternehmer dazu verpflichtet, Informationen dazu bereitzustellen, ob bzw. dass der Verkauf seiner Produkte auf der Plattform als Unternehmer im Rechtssinne erfolgt. Denn nur, wenn Verbraucher bei Unternehmern i.S.d. Gesetzes kaufen, stehen ihnen auch die im Verbraucherschutzrecht der Europäischen Union vorgesehenen Ansprüche und Rechte zu. Diese neue Informationspflicht gem. § 5b Abs. 1 Nr. 6 UWG n.F. soll den Verbrauchern Gewissheit über ihre potentiellen Vertragspartner sowie über die Anwendbarkeit von Verbraucherschutzrechten geben. Die Betreiber der Online-Marktplätze sind jedoch nicht verpflichtet, den von den Anbietern angegebenen Status auch anlassunabhängig zu prüfen.
Durch die Novellierung des UWG werden – ebenfalls sehr praxisrelevant – auch Regelungen über Kundenbewertungen von Produkten oder Dienstleistungen mit aufgenommen, die mittlerweile bei vielen Verbrauchern für die finalen Kaufentscheidung maßgeblich sind. Da den Unternehmen dies bewusst ist, haben in der Vergangenheit Einzelne versucht, ihre Verkaufszahlen durch manipulierte Kundenbewertungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Nach dem § 5b Abs. 3 UWG n.F. hat der Unternehmer, der Kundenbewertungen angibt, nun die Kunden darüber zu informieren, ob und wie er sicherstellt, dass seine Bewertungen tatsächlich von anderen Verbrauchern stammen, die tatsächlich die angebotenen Waren und Dienstleistungen genutzt oder erworben haben. Der Unternehmer muss insoweit angeben, ob er Maßnahmen ergriffen hat, die die Richtigkeit der Kundenrezensionen sicherstellen sollen und wenn dies der Fall ist, welche angemessene Maßnahmen zur Überprüfung dies sind. Es ist aber nicht unlauter, solche Maßnahmen nicht zu ergreifen. Der Unternehmer muss in solchen Fällen jedoch darüber informieren, dass die Echtheit der Bewertungen nicht überprüft wird.
Sofern der Unternehmer jedoch Kundenbewertungen werbend angibt, muss er die Echtheit sicherstellen und dem Verbraucher dazu Informationen zukommen lassen. Gibt der Unternehmer an, die Kundenbewertungen stimmten mit der Wirklichkeit überein, muss die darüber informiert werden, dass eine entsprechende Überprüfung durch den Unternehmer erfolgt. Sodann hat der Unternehmer darüber zu informieren, welche von ihm implementierten Prozesse und Verfahren der Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen dienen. Dabei kann er beispielsweise festlegen, dass er nur Bewertungen von Kunden zulässt, die über seine eigene Webseite gekauft haben.
Wenn der Unternehmer nur bestimmte Bewertungen zulässt, hat er darzulegen, nach welchen Kriterien er Bewertungen zur Veröffentlichung auswählt. Zusätzlich enthält die Omnibus-Richtlinie weitere Faktoren (dort Erwägungsgr. 47), nach denen der Unternehmer die Verbraucher zusätzlich darüber informieren muss, ob die Bewertungen im Wege eines Vertragsverhältnisses mit einem Gewerbetreibenden gesponsert oder beeinflusst worden sind, wie Kundenbewertungen beschafft werden und wie die durchschnittliche Bewertungsnote berechnet wird.
Der deutsche Gesetzgeber erachtet die Gewährleistung echter und zutreffender Kundenbewertungen als derart wichtig, dass er in diesem Zusammenhang auch die sog. „Schwarze Liste“ im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG diesbezüglich um eigene Bestimmungen ergänzt hat.
Insoweit ist es nunmehr u.a. stets unzulässig, Verbraucher über die Echtheit von Verbraucherbewertungen in die Irre zu führen oder gar gefälschte Verbraucherbewertungen zum Zwecke der Verkaufsförderung zu verwenden. Gemäß der neugeschaffenen Nr. 23b. ist es immer unzulässig zu behaupten, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen. Dabei muss der Unternehmer nicht die Echtheit der Bewertungen garantieren und prozesssicher darlegen können, er muss lediglich angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung der Echtheit der Bewertungen implementieren. Solche Schritte wären etwa technische Mittel zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit einer Person, die eine Bewertung veröffentlicht, beispielsweise indem die Informationen zur Überprüfung, ob ein Verbraucher das Produkt tatsächlich verwendet oder erworben hat, angefordert wird.
Gleichzeitig ist es nach der neugeschaffenen Nr. 23c per se unzulässig, gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung zu übermitteln oder zu beauftragen.
Nachdem der BGH sich letztes Jahr bereits im Rahmen seiner sog. „Influencer-Entscheidungen“ mit der Thematik des Influencer-Marketings auseinandergesetzt hat, finden entsprechende Bestimmungen nun auch Einzug in das UWG. In diesem Zusammenhang ist auch Definition des Zentralbegriffs der geschäftlichen Handlung in § 2 UWG geändert und u.a. um digitale Inhalte und Dienstleistungen ergänzt worden.
Die Neuregelung des § 5a Abs. 4 UWG n.F. sieht vor, dass der handelnde Influencer seine Postings in solchen Fällen kennzeichnen muss, in denen er ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von den fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ umfasst z.B. Provisionen, Produkte, von fremden Unternehmen, ungefragt zugesandte Produkte, die der Handelnde nutzen oder behalten darf, Pressereisen, die Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen. Dies Verpflichtung zur Kennzeichnung gilt auch dann, wenn die Gegenleistung nur vorübergehender Natur ist. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Gegenleistung auch von dem Unternehmer – ggfs. auch über eine Agentur – veranlasst wird, zu dessen Gunsten die Handlung erfolgt. Wird die Gegenleistung nicht durch den Unternehmer, sondern durch unabhängige Dritte veranlasst, besteht keine Kennzeichnungspflicht. Die Kennzeichnungspflicht entfällt zudem für Handlungen bzw. Empfehlungen, von denen die Influencer selbst nicht unmittelbar profitieren. In solchen Fällen sei es unangemessen, eine Kennzeichnung als „kommerziell“ zu verlangen.
Es ist jedoch zu beachten, dass eine Gegenleistung aufgrund der Formulierung des § 5a Abs. 4 UWG n.F. grundsätzlich vermutet wird. Sollte es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen, obliegt es dem Influencer darzulegen, dass im entsprechenden Fall keine Gegenleistung erfolgt ist.
Aber auch wenn der Einzug ins Gesetz längst überfällig war und damit etwas mehr Rechtsklarheit einkehren dürfte, bleiben auch in Zukunft weitere Fragen offen, für deren Klärung schlussendlich die Rechtsprechung und damit letztlich der BGH wird sorgen müssen. Beispielsweise ist unklar, wann eine eigennützige geschäftliche Handlung von Influencern zu einer Kennzeichnungspflicht führt oder wie genau die Kennzeichnung als Werbung in den entsprechenden Postings der Influencer ausgestaltet und dargestellt werden muss.
Die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 UWG aF wird in der Neufassung des UWG in § 7 UWG gestrichen und als neue Nr. 26 in die sog „schwarzen Liste“ eingefügt und dabei sprachlich verschärft. In seiner bisherigen Fassung hat sich der Begriff ausdrücklich nur auf „Werbung“ bezogen.
Durch diese Erweiterung des Ansprechens zu Werbezwecken ist nun jede Form der hartnäckigen und unerwünschten Kontaktaufnahme unter Verwendung eines Fernabsatzmittels, also per Telefon, Fax, E-Mail oder einem anderen für den Fernabsatz geeigneten Mittel, stets unzulässig. Die einzige Ausnahme davon besteht, wenn die Kontaktaufnahme der rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung dient.
Mit einem oftmals als „Paradigmenwechsel“ beschriebenen Novum in der über 100-jährigen Geschichte des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wartet der neu geschaffene individuelle Schadensersatzanspruch für Verbraucher gem. § 9 Abs. 2 UWG n.F. auf. Danach ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, Verbrauchern zum Schadensersatz verpflichtet. Die Geltendmachung von Schadensersatz direkt über das UWG war bisher nur Mitbewerbern möglich, § 9 Abs. 1 UWG n.F. (§ 9 UWG aF).
Die Einführung des Schadensersatzes für Verbraucher geht zurück auf Art. 11a der Omnibus-Richtlinie. Danach soll den Verbrauchern neben einem Schadensersatzanspruch zusätzlich auch eine Preisminderung oder eine Vertragsbeendigung ermöglicht werden. Diesbezüglich findet sich jedoch keine Regelungen in der Neufassung des UWG. An dieser Stelle müsste der Gesetzgeber in der nächsten Fassung nachjustieren dürfen.
Daneben enthält § 9 Abs. 2 S. 2 UWG n.F. gesetzliche Ausnahmen, nach denen ein Schadensersatzanspruch für Verbraucher ausgeschlossen ist. Darunter fallen Verstöße gegen § 3a UWG (Rechtsbruch), § 4 UWG (Mitbewerberschutz), § 6 UWG (vergleichende Werbung) sowie gegen Nr. 32 im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG (Aufforderung zur Zahlung bei unerbetenen Besuchen in der Wohnung eines Verbrauchers am Tag des Vertragsschlusses) ausgeschlossen.
Die Darlegungs- und Beweislast für einen Schadensersatzanspruch obliegt dem jeweiligen Verbraucher. Er muss im Zweifelsfall darlegen, dass er einer unzulässigen geschäftlichen Handlung ausgesetzt war, die zu einer geschäftlichen Entscheidung geführt hat und die er ohne die geschäftliche Handlung des Unternehmers nicht getroffen hätte. Gleichzeitig muss der Verbraucher das Verschulden des schädigenden Unternehmers darlegen sowie seinen tatsächlich entstandenen Schaden. Dies dürfte in der Praxis, insbesondere für rechtlich unerfahrene Verbraucher, die größte Herausforderung darstellen.
Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Einführung einer Geldbuße durch den neugeschaffenen § 19 UWG n.F. darstellen. Dabei können teilweise sehr empfindliche Bußgelder aufgrund eines Verstoßes gegen § 5c UWG n.F. verhängt werden.
Nach § 5c Abs. 1 UWG n.F. ist eine Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen verboten, wenn es sich um einen weitverbreiteten Verstoß gemäß Art. 3 Nr. 3 Verordnung (EU) 2017/2394 (CPC-VO) handelt. Diese bereits vom Wortlaut her komplexe Norm des § 5c UWG n.F. wird durch die Verweise auf verschiedene EU-Richtlinien weiter – unnötigerweise – verkompliziert.
Besondere Aufmerksamkeit sollte die Online-Branche § 5c UWG n.F. schenken, da dort schnell die Schwelle eines weitverbreiteten Verstoßes oder gar eines weitverbreitenden Verstoßes mit Unions-Dimension (Verstoß in mindestens zwei Dritteln der Mitgliedsstaaten, die zudem zusammen mindestens zwei Drittel der Unionsbevölkerung stellen) überschritten sein kann. Insoweit ist ein erhöhtes Maß an Vorsicht geboten, denn die Konsequenz solcher Verstöße ist weitreichend und kann zu den teilweise sehr hohen Geldbußen gemäß § 19 Abs. 2 UWG führen.
Bei einer Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 UWG kann die Geldbuße bis zu EUR 50.000,00 betragen und höher – bis zu 4 % des Jahresumsatzes – bei Unternehmen, die im vom Verstoß betroffenen Mitgliedsstaat im Jahr vor der Behördenentscheidung einen Jahresumsatz von mehr als EUR 1,25 Millionen erzielt haben, wobei der Jahresumsatz auch geschätzt werden kann. Sofern keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des Jahresumsatzes vorliegen, kann sich die Geldbuße bis maximal zwei Millionen Euro belaufen. Dies stellt einen deutlichen Unterschied zu den bisherigen Bußgeldvorschriften nach § 20 UWG, die dadurch jedoch nicht abgelöst, sondern beibehalten werden.
Die Ordnungswidrigkeit kann jedoch nur im Rahmen einer „koordinierten Durchsetzungsmaßnahme“ i.S.v. Art. 21 CPC-VO geahndet werden, wobei die deutschen Behörden (Bundesamt für Justiz, die BaFin sowie die weiteren Behörden gemäß § 2 EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz) bei Vorliegen bestimmter Umstände gemäß Art. 18 CPC-VO auch die Teilnahme an der koordinierten Aktion ablehnen können. Im Übrigen liegt eine koordinierte Durchsetzungsmaßnahme nur vor, wenn Behörden mindestens zweier Mitgliedsstaaten tätig werden. Insoweit wird die Verteidigung gegen den Vorwurf unlauteren Handelns erschwert, weil der Unternehmer Expertenrat nicht nur in einem Mitgliedsstaat in Anspruch nehmen muss, sondern auch in einem zweiten und überdies in einer ihm ggfs. unbekannten Jurisdiktion.
Neben dem neugefassten UWG tritt am 28. Mai2022 auch eine neue Preisangabenverordnung (PAngV) in Kraft, die die insoweit bestehenden Regelungen vollständig ersetzt. Die Änderungen basieren auf den entsprechenden Vorgaben der Richtlinie (EU)2019/2161 (Omnibus-Richtlinie). Die Vielzahl an Neuregelungen führt zu einer systematischen Überarbeitung und Umstrukturierung der PAngV. Ein besonderes Augenmerk soll vorliegend auf die neuen Vorgaben für die Angabe der Grund- und Gesamtpreise sowie bei Preisermäßigungen liegen.
Wenngleich das „Ob“ der Grundpreisangab außer dem Standortwechsel, nun unter § 4 PAngV n.F. geregelt, keine inhaltlichen Änderungen erfahren hat, sind jedoch die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich des „Wie“ der Preisangabe modifiziert bzw. erweitert worden. Die bisherige Regelung, wonach der Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis stehen musste, ist dahingehend geändert und ergänzt worden, dass die Angabe des Grundpreises nun stets unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein muss.
Letztlich liegt darin jedoch keine inhaltliche Änderung der bisherigen Regelung: Die Vorgabe der „guten Erkennbarkeit“ ist im Einklang mit der bisherigen BGH-Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass der Gesamtpreis und Grundpreis auch weiterhin auf einen Blick wahrnehmbar sein müssen. Dadurch wird beispielsweise im Onlinehandel die Möglichkeit unterbunden, dass der Grundpreis im Online-Handel nur mittels eines separaten Links oder nur durch das Mouse-Over Verfahren sichtbar ist.
Weitere Änderungen gibt es bei der Angabe der Mengeneinheiten für den Grundpreis. Gemäß § 5 PAngV n.F. ist die Mengeneinheit für die Angabe des Grundpreises jeweils auf 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter verpflichtend. Die bisherige Möglichkeit, bei geringeren Mengen auch in 100 Gramm oder 100 Milliliter anzugeben, ist vollständig entfallen. Dies soll zu einer besseren Preistransparenz bei den Verbrauchern führen.
Mit § 11 PAngV n.F. setzt der Gesetzgeber Bestimmungen aus Art. 6a Richtlinie (EU)2019/2161 um und führt damit neue Informationspflichten bei der Werbung mit Preisermäßigungen in die PAngV ein. Dies soll vorrangig zu einer Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen führen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird.
Gemäß § 11 Abs. 1 PAngV n.F. hat derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat (sog. Referenzpreis). Dabei kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Gewährung der Preisermäßigung, nicht ihrer werblichen Ankündigung an.
Dies setzt stets voraus, dass auf den alten Preis Bezug genommen bzw. mit einer Preisherabsetzung geworben wird. Solche Preisermäßigungen können beispielsweise im Rahmen einer Gegenüberstellung des vorherigen Gesamtpreises mit dem neuen Gesamtpreis („Statt-Preise“), durch sogenannte „Streich-Preise“ oder durch einen prozentualen Abzug von dem vorherigen Gesamtpreis bzw. Grundpreis ausgestaltet sein. In Absatz 4 sind gleichzeitig gesetzliche Ausnahmen von der zusätzlichen Preisangabepflicht bei Preisermäßigungen geregelt. Diese entfällt grundsätzlich bei individuellen Preisermäßigungen oder bei Ermäßigungen für schnell verderbliche Ware sowie Waren mit kurzer Haltbarkeit.
Die Regelung des § 11 PAngV n.F. gilt gleichermaßen für den stationären und den Online-Handel sowie sonstige Vertriebswege, erfasst jedoch ausschließlich Waren und keine Dienstleistungen. Da es sich hier lediglich um eine zusätzliche Informationspflicht bei Preisermäßigungen handelt, bleibt es den Händeln unbenommen – unter Einhaltung der Vorgaben des UWG – mit einem Preisvergleich (z. B. zu einer unverbindlichen Preisempfehlung) zu werben, sofern in diesem Zusammenhang für Verbraucher klar erkennbar ist, dass es sich lediglich um einen Preisvergleich und nicht um eine Preisermäßigung des eigenen Preises handelt.
Die Neufassung der Preisangabenverordnung wartet mit einigen Neuerungen auf, die alle Werbetreibenden und Unternehmer dauerhaft im Blick haben müssen. Insbesondere die Regelungen hinsichtlich der Informationspflicht bei der Werbung mit Preisermäßigung setzt eine ständige Erfassung der Preise voraus. Dies kann für einzelnen Unternehmen zwar zu einem erheblichen Mehraufwand führen, ist jedoch in jedem Fall angebracht, da ein Verstoß gegen die neuen Vorschriften zu Abmahnungen und Bußgeldern führen kann.
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