Zum Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz – GEIG vom 18. März 2021
Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz („GEIG“), welches am 25. März 2021 in Kraft getreten ist, verpflichtet Gebäude-Eigentümer von Wohn- und Nichtwohngebäuden, bei Neubauten und größeren Renovierungen zur Ausstattung der Gebäude mit Leitungsinfrastruktur und zur Errichtung von Ladepunkten. Das GEIG dient der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie 2018/844 zum Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität in Gebäuden. Ziel des GEIG ist es, für eine Verbesserung der Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge „zu Hause, am Arbeitsplatz und bei alltäglichen Besorgungen“ zu sorgen. Bereits am 5. Mai 2020 hatten CDU/CSU einen Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 19/18962) des GEIG vorgelegt (wir berichteten in unserem Dentons Insight vom 2. Juni 2020).
Im Nachfolgenden erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Änderungen mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur:
Die Verpflichtung, ob und in welchem Umfang ein Gebäude-Eigentümer sein Gebäude mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur ausstatten muss, hängt von der Nutzungsart des Gebäudes als Wohn- oder Nichtwohngebäude, der Anzahl bereits vorhandener Stellplätze sowie davon ab, ob es sich um einen Neubau oder eine größere Renovierung einer Bestandsimmobilie handelt.
Wer ein Wohngebäude errichtet, das über mehr als fünf Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder angrenzend an das Gebäude verfügt, muss dafür sorgen, dass jeder Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität ausgestattet wird.
Für bestehende Wohngebäude, die über mehr als zehn Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder angrenzend an das Gebäude verfügen oder die einer größeren Renovierung unterzogen werden, welche den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes bzw. des Parkplatzes umfasst, hat der Gebäude-Eigentümer ebenfalls jeden Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur auszustatten. Eine größere Renovierung liegt vor, wenn mehr als 25 % der Oberfläche der Gebäudehülle einer Renovierung unterzogen werden.
Die im GEIG geforderte Leitungsinfrastruktur umfasst eine geeignete Leitungsführung für Elektro- und Datenleitungen sowie den erforderlichen Raum für den Zählerplatz, den Einbau intelligenter Messsysteme für ein Lademanagement und die erforderlichen Schutzelemente.
Während das GEIG den künftigen Einsatz von E-Charging-Einrichtungen durch Ausstattung der Gebäude mit der erforderlichen Leitungsinfrastruktur unterstützen soll, verpflichtet es Gebäude-Eigentümer neuer Wohngebäude jedoch nicht zur Errichtung von Ladepunkten. Allein durch die zur Verfügung gestellte Leitungsinfrastruktur soll die Hürde für Mieter zur Installation von Ladepunkten verringert werden, sofern dies von den Mietern in der Zukunft gewünscht ist.
Wer ein Nichtwohngebäude errichtet, das über mehr als sechs Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder angrenzend an das Gebäude verfügt, muss dafür sorgen, dass mindestens jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität ausgestattet wird.
Für bestehende Nichtwohngebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden und über mehr als zehn Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder angrenzend an das Gebäude verfügen, hat der Gebäude-Eigentümer mindestens jeden fünften Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur auszustatten.
Zusätzlich zur Ausstattung der Stellplätze mit Leitungsinfrastruktur muss bei Nichtwohngebäuden, unabhängig davon, ob es sich um ein neu gebautes oder renoviertes Gebäude handelt, zusätzlich mindestens ein Ladepunkt errichtet werden.
Für jedes Nichtwohngebäude, welches über mehr als 20 Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder angrenzend an das Gebäude verfügt, hat der Gebäude-Eigentümer nach dem 1. Januar 2025 einen Ladepunkt zu errichten. Sollte ein Gebäude-Eigentümer für mehr als ein Nichtwohngebäude dazu verpflichtet sein, nach dem 1. Januar 2025 einen Ladepunkt zu errichten, kann er unter weiteren Voraussetzungen seiner Pflicht auch nachkommen, indem er die Gesamtzahl der gesetzlich vorgeschriebenen Ladepunkte zusammen in einem oder mehreren Nichtwohngebäuden errichtet.
Eine Besonderheit des GEIG stellt die sogenannte Quartierslösung dar. Nach dieser können Bauherren und Eigentümer, deren Gebäude z.B. über einen gemeinsamen Parkplatz im räumlichen Zusammenhang stehen, Vereinbarungen treffen, um die Vorgaben des GEIG gemeinsam zu erfüllen, und Dritte, wie zum Beispiel Energieversorgungsunternehmen, daran beteiligen. Die Vereinbarungen sind schriftlich zu schließen und der zuständigen Behörde vorzulegen.
Die Regelungen des GEIG sind nicht anzuwenden auf Nichtwohngebäude, die sich im Eigentum von Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen befinden (sog. „KMU“ entsprechend der EU-Empfehlung 2003/61) und überwiegend von diesen selbst genutzt werden. KMU in diesem Sinne sind solche Unternehmen, die höchstens 249 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro aufweisen. Die Einschränkung steht im Einklang mit den Anforderungen der EU, unangemessene finanzielle Belastungen für KMU zu vermeiden.
Die Pflicht zur Ausstattung mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur entfällt auch, wenn bei einer größeren Renovierung eines bestehenden Gebäudes die Kosten für die Leitungs- und Ladeinfrastruktur sieben Prozent der Gesamtkosten der größeren Renovierung des Gebäudes überschreiten.
Eine weitere Ausnahme besteht bei öffentlichen Gebäuden, die aufgrund der EU-Richtlinie 2014/94 zum Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (sog. „AFID“), zuletzt geändert durch die EU-Richtlinie 2019/1745 und derzeit in Überarbeitung im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets der EU, bereits vergleichbaren Anforderungen unterliegen.
Adressat des GEIG ist der Eigentümer oder der Bauherr. Kommt der Eigentümer oder Bauherr seiner jeweiligen Pflicht zur Ausstattung der Immobilie mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur vorsätzlich oder leichtfertig nicht nach, handelt er ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu EUR 10.000 geahndet werden.
Die Maßnahmen nach dem GEIG können zu erheblichen zusätzlichen Kosten für die Sanierung bestehender Gebäude führen. Anders als bei Neubauten ist es nicht möglich, von Anfang an den Bau der erforderlichen Leitungs- und Ladeinfrastruktur zu planen. Bei vermieteten Wohngebäuden kann die Errichtung neuer Ladepunkte als Mittel zur Modernisierung des Gebäudes dienen. Im Mietvertrag ist zu bestimmen, wer die zusätzlichen Kosten trägt. Einige Eigentümer setzen für „E-Parkplätze“ bereits höhere Nettomieten an, um die zusätzlichen Kosten entsprechender Parkplätze transparent dem Mieter aufzuerlegen.
Neben den mit dem GEIG neu geschaffenen Pflichten für Gebäude-Eigentümer hat die Ausstattung der Gebäude mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur gegebenenfalls auch steuerliche Auswirkungen, die der Gesetzgeber im GEIG selbst nicht mitberücksichtigt hat. Bei Immobilienunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz nutzen und verwalten, stellt sich durch die neu auferlegten Pflichten des GEIG nun die Frage, in welchem Rahmen sie weiterhin die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in Anspruch nehmen können.
Die Regelung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sieht vor, dass Immobilienunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz nutzen und verwalten, den Gewerbeertrag um den Teil kürzen können, der auf diese Nutzung und Verwaltung entfällt. In der Praxis häufig problematisch ist das Ausschließlichkeitskriterium dieser Regelung. Bisher war bereits die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung schädlich, weshalb die Betriebsvorrichtungen häufig auf Schwestergesellschaften separiert werden (vgl. hierzu die jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs über die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen vom 28. November 2019 – III R 34/17).
Durch Inkrafttreten des Fondsstandortgesetzes (FoStoG, vom 3. Juni 2021, BGBl I 2021 S. 1498) hat der Gesetzgeber mit den Neuregelungen in § 9 Nr. 1 S. 3 lit b) und c) GewStG den Katalog der unschädlichen, nicht begünstigen Nebentätigkeiten erweitert. Fallen die unternehmerischen Tätigkeiten in diesen Katalog und verwaltetet das Immobilienunternehmen daneben ausschließlich Grundbesitz, unterliegen die Einnahmen aus den Katalogtätigkeiten der Gewerbesteuer, sind aber für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung unschädlich. In § 9 Nr. 1 S. 3 lit. b) GewStG wurde eine Bagatellgrenze i.H.v 10 % für Einnahmen aus der Lieferung von Strom eingeführt, die entweder im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stammen oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Elektrofahrräder. In § 9 Nr. 1 S. 3 lit. b) GewStG wurde eine Bagatellgrenze i.H.v. 5 % eingeführt für (andere als die bereits aufgeführten) Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern. Im Rahmen dieser Bagatellgrenzen dürften die Einnahmen, die der Gebäude-Eigentümer durch die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Leitungs- und Ladeinfrastruktur sowie gegebenenfalls auch durch die dazugehörige Stromlieferung an die Mieter erzielt, für die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung unschädlich sein. Die Einnahmen aus der entgeltlichen Nutzungsüberlassung sowie der Stromlieferung selbst sind gewerbesteuerpflichtig, weshalb eine gesonderte Gewinnermittlung erforderlich bleibt.
Die Pflicht des Gebäude-Eigentümers zur Ausstattung des Gebäudes mit Leitungs- und Ladeinfrastruktur könnte sich künftig negativ auf die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung auswirken, sofern die Vermietertätigkeit keine Katalogtätigkeit i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG darstellt oder die Einnahmen daraus die Bagatellgrenzen überschreiten. Dieser Umstand wird für den Abschluss künftiger Mietverträge und Immobilientransaktionen aufgrund des klaren gesetzgeberischen Willens, den Ausbau der Elektromobilität gezielt zu fördern, verstärkt in den Fokus der steuerrechtlichen Beurteilung rücken. In diesem Zusammenhang kann es weiterhin erforderlich bleiben, Betriebsvorrichtungen auf andere Gesellschaften auszulagern oder zu regeln, dass der Mieter Eigentümer der entsprechenden Vorrichtungen ist bzw. wird.
Vor diesem Hintergrund wäre es ein wünschenswerter Schritt des Gesetzgebers, die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Ladeinfrastruktur sowie die Stromlieferung aus erneuerbaren Energien steuerfrei zu gestalten, um nicht nur durch die Pflichten des GEIG, sondern auch durch die Steuerbefreiung dieser Tätigkeiten einen weiteren Anreiz zum Ausbau der Elektromobilität zu schaffen. Der Bundesrat hat in seiner Erklärung vom 15. Mai 2020 (BT-Drucks. 19/19366) einen solchen Anreiz bereits vorgeschlagen, bislang wurde der Vorschlag vom Gesetzgeber nicht umgesetzt.
Die Neuregelung im GEIG und im GewStG fügen dem deutschen Klimaschutzprogramm 2030 (vom 9. Oktober 2019) eine weitere Säule hinzu. Die Große Koalition hatte sich die Zulassung von sieben bis zehn Millionen Elektroautos und die Errichtung von einer Millionen Ladepunkten bis 2030 zum Ziel gesetzt. Der Ausbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur soll dieses ehrgeizige Ziel fördern. Aktuell gibt es in Deutschland ca. 356.000 zugelassene Elektroautos und ca. 26.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag ein weitaus ambitionierteres Ziel gesetzt: Deutschland soll bis 2030 der Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen zugelassenen Elektroautos werden und beabsichtigt, eine Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte zu errichten.
Die verpflichtenden Regelungen zur Errichtung von Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität zeigen, dass dies gegenüber anderen nachhaltigen Antriebsarten, wie zum Beispiel Brennstoffzellen, politisch bevorzugt ist. Parallel zum GEIG ist die Ende 2020 erfolgte Einführung des Rechts auf Elektromobilität im Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuch (vgl. § 554 BGB) sowie im Wohnungseigentumsgesetz (vgl. § 20 WEG) durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) zu beachten. Die Elektromobilität steht ähnlich auf europäischer Ebene (Klimaverordnung, delegierter Rechtsakt zur EU Taxonomieverordnung) sowie auf internationaler Ebene (zum Beispiel COP 26, Ergebnisse zur Klimakonferenz aus Glasgow November 2021) im Fokus. Zu beobachten ist, ob der Fokus auf Elektromobilität bleiben wird.
Falls Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie uns gerne.
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