Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat den Entwurf eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht Verbänden und Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Durch das sogenannte Energiewirtschaftsrechtsänderungsgesetz sollen reine Wasserstoffnetze erstmalig einer – übergangsweisen – gesetzlichen Regelung im EnWG zugeführt werden. Hierdurch soll der Rahmen für einen raschen und rechtssicheren schrittweisen Aufbau einer nationalen Wasserstoffnetzinfrastruktur geschaffen werden. Bei dem geplanten Ordnungsrahmen für die Wasserstoffnetzinfrastruktur soll es sich lediglich um einen Übergangsrahmen handeln, der nach dem Abschluss von Beratungen auf europäischer Ebene angepasst werden soll.
Derzeit werden reine Wasserstoffnetze – Netze, in denen ausschließlich Wasserstoff transportiert wird ohne Beimischung anderer Gase – in Deutschland nicht gesetzlich reguliert. Grund hierfür ist, dass sie nicht dem Energiebegriff des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) unterfallen und die leitungsgebundene Versorgung mit Wasserstoff nach geltender Rechtslage keine Energieversorgung im Sinne des EnWG darstellt. So vertritt der Entwurf die Ansicht, dass auch bei einer Umrüstung vorhandener Erdgasleitungen auf Wasserstoff die für diese Anlagen bestehenden Regelungen nicht fort gelten. Bei den bereits vorhandenen reinen Wasserstoffleitungen handelt sich überwiegend um direkte Versorgungsleitungen zur Versorgung bestimmter Kunden. Diese bereits vorhandenen reine Wasserstoffleitungen oder -netze unterliegen gegenwärtig allein dem allgemeinen Kartellrecht.
Der Referentenentwurf dient dem raschen Einstieg in eine Wasserstoffnetzinfrastruktur sowie der Umsetzung verschiedener unter anderem der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/2001 – Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II). Er bewegt sich auf der Linie der EU Hydrogen Strategy aus dem Juli 2020 (Dentons berichtete hier) und den auf EU-Ebene zu Wasserstoffnetzen derzeit geführten Beratungen. Vor diesem Hintergrund werden Teile der Regelungen als bloße Übergangsvorschriften für die Einführungsphase eingestuft, bis zur Umsetzung zukünftiger EU-Vorgaben. Der Entwurf fördert zudem die im Maßnahmenplan der Nationalen Wasserstoffstrategie aus dem Juni 2020 (siehe näher hier) sowie auch die im Entwurf des Aufbau- und Resilienzplans der Bundesregierung aus dem Dezember 2020 festgelegten Ziele . Maßnahme 20 der Nationalen Wasserstoffstrategie sieht neben der künftigen Nutzung eines Teils der Gasinfrastruktur auch für Wasserstoff die Schaffung von Netzen ausschließlichen für den Transport von Wasserstoff vor.
Der Referentenentwurf sieht in § 3 Nr. 10a EnWG-RefE eine Legaldefinition des „Betreiber[s] von Wasserstoffnetzen“ (ausschließlich für den Transport von Wasserstoff zuständige natürliche/juristische Personen) vor. In § 3 Nr. 14 EnWG-RefE soll die Definition des Energiebegriffs um Wasserstoff erweitert werden. Wasserstoff wird damit neben Elektrizität und Gas zum dritten eigenständig benannten Energieträger, soweit er zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet wird. Auch wenn Wasserstoff ein Gas ist, wird durch die explizite Nennung von Wasserstoff neben Elektrizität und Gas die besondere Bedeutung von Wasserstoff hervorgehoben. Schließlich wird im neuen § 3 Nr. 39a EnWG-RefE der Begriff des „Wasserstoffnetz[es]“ definiert als ein Versorgungsnetz, das nach seiner Dimensionierung einer unbestimmten Anzahl an Kunden offensteht. Eine Wasserstoffleitung, die auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmter Kunden ausgelegt ist, soll nach der Definition nicht darunter fallen. Dennoch sind Wasserstoffnetze nicht als Energieversorgungsnetze einzustufen und unterliegen mithin nicht der allgemeinen Anschlusspflicht des § 18 EnWG.
Der Referentenentwurf sieht die Aufnahme eines – vorläufigen – neuen Abschnitts 3b in Teil 3 des EnWG vor, der erstmals (und ausschließlich) Vorschriften zur Regulierung reiner Wasserstoffnetze enthält. Die Bestimmungen dienen einer Markthochlaufphase und werden durch Übergangsvorschriften zur Umrüstung vorhandener Erdgasleitungen auf Wasserstoff ergänzt. Die Regelungen des neuen Abschnitts 3b zur Schaffung einer Wasserstoffnetzinfrastruktur sind dem Referentenentwurf zufolge Gegenstand späterer Evaluierung sowie einer ggf. erforderlichen Weiterentwicklung.
Der Referentenentwurf verzichtet (noch) auf eine zwingende Regulierung sämtlicher vorhandener bzw. künftiger Wasserstoffleitungen oder -netze. Stattdessen können die Betreiber von Wasserstoffnetzen nach § 28j EnWG-RefE sich in Abhängigkeit der dadurch zu gewinnenden Vorteile für ihr Geschäftsmodell freiwillig der Regulierung unterwerfen. Dies erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bundesnetzagentur, deren Wirksamkeit eine positive Bedarfsprüfung durch die Bundesnetzagentur nach § 28q EnWG-RefE voraussetzt.
§ 28k EnWG-RefE schreibt vor dem Hintergrund der Regulierung der Netzentgelte und der Vermeidung von Quersubventionierung eine getrennte Rechnungslegung und Buchführung entsprechend der im EnWG bereits bekannten Entflechtungsregeln auch für Wasserstoffnetze vor. Die vorgesehenen Entflechtungsvorschriften gehen allerdings sehr weit. So ist nach § 28l EnWG-RefE zusätzlich vorgesehen, dass es Betreibern von Wasserstoffnetzen nicht gestattet ist, Eigentum an Anlagen zur Wasserstofferzeugung, -speicherung, verbrauch sowie Anlagen zur Einspeisung von Gas in die Gasversorgungsnetze zu halten. Ein Konzernverbund, der einen Betreiber von Wasserstoffnetzen und Unternehmen, die andere Energieversorgungstätigkeiten ausüben, soll allerdings zulässig sein.
Die Vorschrift des § 28m EnWG-RefE erinnert ebenfalls an die bekannten Vorschriften des EnWG für Netzbetreiber und Speicherbetreiber: Dritten müssen Anschluss und Zugang zum Wasserstoffnetz zu angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt werden. Die Zugangsbedingungen sind zu veröffentlichen.
Insgesamt sollen die Regelungen im neuen Abschnitt 3b in Teil 3 des EnWG einen planbaren und fairen Rechtsrahmen für den Geschäftsbereich der neuen Wasserstoffnetze abstecken und gleichzeitig von Anfang an den Wettbewerb fördern.
Nicht vom Referentenentwurf berührt wird die Einspeisung (Beimischung) von Wasserstoff in das Erdgasnetz, die sich auch weiterhin nach den bestehenden Regelungen richtet und in diesem Rahmen weiterhin möglich ist. Dies stellt die Begründung ausdrücklich klar.
Der Entwurf orientiert sich an den für Netze und Speicher bekannten Regeln. Er hält alle Optionen, also auch die verpflichtende Regulierung der Netze, offen. Wasserstoffnetzbetreiber haben innerhalb der vorgegebenen Kriterien die Möglichkeit sich der Regulierung zu unterwerfen. Gleichzeitig wird die auch heute schon mögliche Beimischung von Wasserstoff durch die Einführung der Regulierung nicht behindert. Im Rahmen der vorhandenen Regeln bleibt das weiterhin möglich.
Wir werden den Referentenentwurf des BMWi weiter beobachten und Sie auf dem Laufenden halten. Wenn Sie Fragen zu diesem Alert oder zu regulatorischen Angelegenheiten im deutschen Energierecht haben, stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung - bitte wenden Sie sich an Dr. Gabriele Haas (Frankfurt), Thomas Schubert (Berlin), Dr. Tim Heitling (Berlin), Dr. Michael Krömker (Düsseldorf), Frank Tepper-Sawicki (Düsseldorf) und Dr. Florian-Alexander Wesche (Düsseldorf).
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