Zwar wurden auch bisher schon teilweise sogenannte „Schuldverschreibungen auf Blockchain“ emittiert und angeboten, allerdings stellten diese Finanzinstrumente keine Schuldverschreibungen im Sinn des Schuldverschreibungsgesetzes dar. Vielmehr handelte es sich bei diesen Token um Finanzinstrumente „sui generis“, deren regulatorische und insbesondere prospektrechtliche Bewertung für Meinungsdifferenzen sorgte.1
Das eWpG beschränkt sich derzeit auf Schuldverschreibungen, sodass andere Wertpapiere (z.B. Aktien) weiterhin einer Verbriefung bedürfen2. Obwohl der Hauptanwendungsfall einer elektronischen Schuldverschreibung ein Angebot über die Distributed Ledger Technologie bleiben dürfte, spricht das eWpG technologieneutral von „elektronischen Wertpapieren“ und einem „elektronischen Wertpapierregister“, von dem ein sogenanntes „Kryptowertpapierregister“ nur ein Unterfall ist. Nicht jeder Token, der die Eigenschaften einer Schuldverschreibung hat (Verzinsung, Rückzahlung etc.) ist jedoch eine elektronische Schuldverschreibung i.S.d. eWpG.
Elektronische Schuldverschreibungen im Sinne des eWpG sind solche, die durch eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister, wie es in § 4 Abs. 1 des eWpG3 definiert wird, begeben wurden. Eintragung ist hierbei in § 4 Abs. 4 klar definiert. Hierbei handelt es sich nicht bloß um einen digitalen Eintrag, mit dem ein Token auf einer Blockchain kreiert wird. Vielmehr ist eine „Eintragung“ im Sinne des eWpG die Aufnahme von bestimmten Registerangaben (§ 13 oder §17) in das elektronische Wertpapierregister unter eindeutiger und unmittelbar erkennbarer Bezugnahme auf die festgelegten Emissionsbedingungen.4
Token, die eine Verzinsung und eine Rückzahlung des Anlagebetrages nach einer bestimmten Zeit vorsehen und beispielsweise über die Ethereum Blockchain begeben werden, ohne dass eine solche Eintragung vorliegt und ohne dass der Erstanleger (Erst-Inhaber) und der Emittent sich über die Begebung eines Wertpapiers einigen, sind damit keine elektronische Wertpapiere im Sinne des eWpG.5
Solche Token würden nach deutschem Recht weiterhin als Finanzinstrumente gem. § 1 Abs. 11 Nr. 10 des Kreditwesengesetzes („KWG“)6 gelten, jedoch – soweit man die bisherige Rechtsprechung zugrunde legt – nicht als Wertpapiere im Sinne des WpPG oder des Wertpapierhandelsgesetzes („WpHG“)7. Die Verwahrung solcher Token ist dann auch weiterhin kein Depotgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG), sondern ein Kryptoverwahrgeschäft (§ 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG).
Als elektronisches Wertpapierregister definiert das eWpG zum einen das „zentrale Wertpapierregister“ (§ 12), als auch das Kryptowertpapierregister (§ 16). Zentrale Wertpapierregister können von Wertpapiersammelbanken geführt werden oder von einem von dem Emittenten ausdrücklich und in Textform ermächtigten Verwahrer. Letzterer muss über eine Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts ((§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG) verfügen.
Für das Kryptowertpapierregister legt das eWpG fest, dass es auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden muss, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden. Letztendlich unternimmt der deutsche Gesetzgeber damit einen Versuch, den Begriff „Distributed Ledger“ zu definieren.
Die Führung eines Kryptowertpapierregisters ist anders als bei einem zentralen Register nicht Wertpapiersammelbanken und Verwahrern vorbehalten. Als registerführende Stelle kommen alle natürlichen oder juristischen Personen und rechtsfähige Personengruppen in Betracht. Der Emittent kann die Funktion der registerführenden Stelle selbst übernehmen oder einem Dienstleister überlassen. Die Verwaltung und Fortschreibung des Registers kann hingegen automatisiert und algorithmenbasiert erfolgen. Die Führung eines Kryptowertpapierregisters wird als eine neue Finanzdienstleistung in das KWG eingefügt und ist damit erlaubnispflichtig (§ 1 (1a) Nr. 8 KWG neu). Dies gilt auch für den Emittenten, welcher das Kryptowertpapierregister selbst führen will. Da das Anfangskapital für eine solche Erlaubnis gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KWG bei EUR 125 000 liegt und das Erlaubnisverfahren gem. § 32 KWG durchaus komplex ist, dürfte die Anzahl registerführender Emittenten gering bleiben.
Wie bereits oben angedeutet, unterfällt die Verwahrung und Verwaltung elektronischer Wertpapiere dem Depotgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG). Dies schließt Kryptowertpapiere mit ein. Von der Verwahrung und Verwaltung zu unterscheiden ist die bloße Sicherung von kryptographischen Schlüsseln, die den Zugriff auf Kryptowertpapiere ermöglichen. Diese Sicherung unterliegt den gleichen technischen Risiken wie die bisher regulierte Kryptoverwahrung, weshalb der Gesetzgeber den Tatbestand der Kryptoverwahrung in § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG um „die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowertpapiere für andere nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen“ erweitert hat. Sofern im Rahmen des Depotgeschäfts mit Kryptowertpapieren auch dazugehörige kryptographische Schlüssel gesichert werden, ist neben der Erlaubnis für das Depotgeschäft keine Erlaubnis für die gesonderte Sicherung dieser kryptographischen Schlüssel erforderlich.
Insgesamt bleibt abzuwarten, ob der Markt die neue technische Möglichkeit der Wertpapierbegebung annimmt. Dies wird unter anderem auch davon abhängen, wie sich die Infrastruktur des Marktes im Hinblick auf Verwahrung elektronischer Wertpapiere und die Registerführung entwickelt. Ohne ein hinreichendes Angebot an registerführenden Stellen werden sich nur wenige Emittenten zu der Emission eines Kryptowertpapiers anstatt eines Kryptowertes bewegen lassen.
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