Der Deutsche Bundestag hat am 20. Mai 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote beschlossen. Er sieht eine Erhöhung der Treibhausgasminderungsquote im Verkehrsbereich auf 25 % ab dem Jahre 2030 vor. Zudem ist im Sinne einer Technologieoffenheit – entgegen anderweitiger Bestrebungen der Bundesregierung – nun auch biogener Wasserstoff auf die Treibhausgasminderungsquote anrechenbar, der direkt aus Biomasse oder mit Strom aus Müllheizkraftwerken gewonnen wurde (sog. „orangener“ Wasserstoff). In den begleitenden Feststellungen setzte der Bundestag zudem weitere wichtige positive Signale für die biogene Wasserstoffwirtschaft in Deutschland.
Der beschlossene Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II). Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Jahre 2030 einen Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors von mindestens 14 % sicherzustellen. Die EU-Klimaschutzverordnung (EU) 2018/842 (auch: Lastenteilungsverordnung, Effort Sharing Regulation – ESR) enthält weitere zwingende Treibhausgasziele im Verkehrssektor. Aktuell erreicht Deutschland seine Effort-Sharing-Ziele nicht, u.a. bedingt durch steigende Treibhausgasemissionen aus dem Verkehrssektor. Reformen zur Ausweitung des Klimaschutzes im Verkehrssektor sind mithin dringend erforderlich.
Zu diesem Zweck hebt der Gesetzesentwurf die Treibhausgasminderungsquote des § 37a Abs. 4 BImSchG für Otto- und Dieselkraftstoffe schrittweise auf 25 % ab dem Jahr 2030 an. Er geht damit über die Vorgaben der RED II hinaus. Diese Entscheidung kann im Zusammenhang mit den jüngsten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18 u.a.) gesehen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat darin Teile des geltenden Klimaschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Treibhausgasneutralität generationenfreundlich herzustellen. Zur Umsetzung der Vorgaben liegt bereits der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesklimaschutzgesetzes (vom 11. Mai) vor. In den beschlossenen Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote fand das Urteil insoweit Eingang, als durch Anhebung der Quoten im Verkehrssektor stärkere Anreize zur Erreichung der vom Bundesverfassungsgericht gestreckten Ziele geschaffen werden sollten.
Der Gesetzesentwurf enthält weiter wichtige Neuerungen für biogenen Wasserstoff. Hierzu sah der von der Bundesregierung Anfang März dieses Jahres vorgelegte Entwurf (Drucksache 19/27435) noch vor, alle Arten biogenen Wasserstoffs von der Anrechenbarkeit auf die Treibhausgasminderungspflicht auszunehmen. § 37b Abs. 8 S. 1 BImSchG, der auf die Treibhausgasminderungspflicht nicht anrechenbare Stoffe auflistet, sollte zu diesem Zweck um eine neu formulierte Nr. 4 „Wasserstoff aus biogenen Quellen“ ergänzt werden.
Begründet wurde diese rechtspolitische Entscheidung mit einem angeblichen Gebot zum Abbau von nicht mittels Elektrolyse gewonnenem – biogenem – Wasserstoff. Eine Anrechnung von biogenem Wasserstoff würde das Ziel des Gesetzesentwurfs, für den anstehenden Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft Anreize zum Ausbau von Elektrolysekapazitäten zu schaffen, gefährden. Nur durch Elektrolyse erzeugter – sog. „grüner“ – Wasserstoff solle durch das Bundesimmissionsschutzgesetz ausdrücklich gefördert werden (siehe Drucksache 19/27435, S. 24).
Dem grundsätzlichen Ausschluss von biogenem Wasserstoff ist der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf (Drucksache 19/28183) entgegengetreten. Es seien alle verfügbaren Technologieoptionen auszuschöpfen, unter anderem mit Blick auf den erheblichen zusätzlichen Bedarf an Wasserstoff, wie in der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung vorgesehen (5 GW Produktionskapazität in Deutschland bis 2030). Die Bundesregierung lehnte die vorgeschlagenen Änderungen in ihrer Gegenäußerung ab.
Der Umweltausschuss des Bundestages legte daraufhin seine Empfehlungen (Drucksache 19/29850) vor, die mit dem beschlossenen Gesetzesentwurf vollumfänglich angenommen wurden. Sie enthalten eine vermittelnde Lösung, jedoch mit deutlich positiven Zukunftssignalen für biogenen Wasserstoff:
Biogener Wasserstoff wird wie vorgeschlagen in § 37 Abs. 8 S. 1 Nr. 4 BImSchG (s.o.) aufgenommen und damit grundsätzlich von der Anrechenbarkeit auf die Treibhausgasminderungsquote ausgeschlossen. Gleichzeitig wird § 37 b BImSchG jedoch um einen Zusatz ergänzt, der für bestimmte Fälle eine Anrechnung ausnahmsweise ermöglicht:
„Abweichend von Satz 1 Nummer 4 und Absatz 1 Satz 1 wird Wasserstoff aus biogenen Quellen des Anhangs IX Teil A der Richtlinie (EU) 2018/2001, der in Straßenfahrzeugen eingesetzt wird, ab dem 1. Juli 2023 auf der Erfüllung nach § 37 a Absatz 1 und 2 in Verbindung mit § 37 a Absatz 4 angerechnet (…).“
Während die RED II keine Regelungen zur Förderung von biogenem Wasserstoff enthält, ist in § 37 b BImSchG nun – in begrenztem Umfang – eine Förderung von „orangenem“ Wasserstoff vorgesehen. Um die Nachhaltigkeit des Energieerzeugnisses zu gewährleisten, wird die Bundesregierung ermächtigt, die Kriterien für die Anrechenbarkeit von Wasserstoff aus biogenen Quellen durch Rechtsverordnung zu regeln. Sie bedarf der Zustimmung des Bundestages.
Der Bundestag hält mithin grundsätzlich daran fest, dass biogener Wasserstoff in Konkurrenz zu Wasserstoff aus Elektrolyse nicht erwünscht ist. Zur Begründung der nun vorgesehenen Rückausnahme wird angeführt, dass es Bereiche gebe, in denen biogener und grüner Wasserstoff nicht konkurrieren – wie etwa beim Einsatz in Brennstoffzellenfahrzeugen. Biogener Wasserstoff sei zudem sinnvoll für Regionen mit eingeschränktem Zugang zu nicht biogenen erneuerbaren Energiequellen.
Aus Anlass des Gesetzesbeschlusses traf der Bundestag auch mehrere zukunftsweisende Feststellungen zum biogenen Wasserstoff:
Der Bundestag forderte die Bundesregierung auf, „die Möglichkeit einer EU-rechtskonformen Förderung des Einsatzes biogenen Wasserstoffs in Raffinerien ab dem Jahr 2026 zu prüfen“.
Der beschlossene Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote und die einhergehenden Feststellungen beinhalten wichtige Weichenstellungen für die Zukunft biogenen Wasserstoffs in Deutschland. Die Absage von Bundesrat und Bundestag an das Vorhaben der Bundesregierung, biogenen Wasserstoff generell herabzustufen, eröffnet neue Planungsmöglichkeiten für Projekte mit biogenen Wasserstoff. Die Forderung des Bundestages nach Technologieoffenheit und einer Prüfung der Fördermöglichkeiten von biogenem Wasserstoff lässt erwarten, dass in Zukunft neben „grünem“ auch biogener Wasserstoff eine größere Rolle spielen wird.
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